AU-Klausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Immer mehr Versicherer bieten beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine sogenannte AU-Klausel an. Was die auch „Gelbe-Schein-Regelung“ genannte AU-Klausel genau leistet und ob sie sinnvoll ist, erfährst Du hier.
Bist Du als Angestellter länger als sechs Wochen krank, endet Deine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Stattdessen erhältst Du von nun an Krankengeld von Deiner gesetzlichen Krankenkasse bzw. Krankentagegeld von Deiner privaten Krankenversicherung.
Die Krankenkasse bezahlt für bis zu 72 Wochen Krankengeld. Allerdings kann die Zahlung des Krankengelds auch deutlich früher enden, wenn die Krankenkasse der Meinung ist, dass Du nicht nur arbeitsunfähig, sondern berufsunfähig bist.
Unterschied Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit
Arbeitsunfähigkeit beschreibt die vorübergehende Krankschreibung mit der Aussicht auf Rückkehr an den Arbeitsplatz in absehbarer Zeit. Auch eine einwöchige Erkältung kann zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit führen.
Berufsunfähigkeit wird in den meisten modernen Bedingungswerken so oder so ähnlich definiert:
Selbst wenn Du für mehr als sechs Monate arbeitsunfähig warst, bedeutet das aber nicht zwingend, dass Du berufsunfähig bist oder warst. Die Berufsunfähigkeit wird anders als die Arbeitsunfähigkeit nicht von Deinem Arzt diagnostiziert, sondern von der Versicherungsgesellschaft anhand der Bedingungen, Deiner konkreten Tätigkeit sowie Deiner gesundheitlichen Einschränkungen anerkannt. Die Bearbeitung eines BU-Leistungsantrag ist mit Arbeit verbunden und kann je nach Erkrankung einige Zeit in Anspruch nehmen. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft spricht von einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von 110 Tagen, das unabhängige Analysehaus Franke & Bornberg kommt auf durchschnittlich 159 Tage bis zur Anerkennung.
Um diese Zeit abzukürzen, gibt es seit einigen Jahren bei immer mehr BU-Versicherern eine AU-Klausel.
Die Grundidee: schnelle Auszahlung der BU-Rente
Da die Prüfung, ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt, mitunter zu lange dauern kann, Du durch Krankengeld bereits einige Monate verminderte Einnahmen hattest, sichert Dir die AU-Klausel eine schnelle Zahlung zu.
Streng genommen handelt es sich hierbei aber nicht um die BU-Rente, sondern mehr um eine AU-Rente in gleicher Höhe wie Deine Berufsunfähigkeitsrente.
Zur Beantragung der Leistung reicht die ärztliche AU-Bescheinigung über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten aus, um eine Leistung zu erhalten – unabhängig davon, ob Du berufsunfähig bist, oder nicht. Bei manchen Versicherern muss gleichzeitig die BU-Rente mit beantragt werden, hierzu später mehr.
Dadurch kommst Du deutlich schneller an Dein Geld.
Im Anschluss kann ganz ausführlich geprüft werden, ob Du berufsunfähig bist oder nicht. Durch die Leistung aus der AU-Klausel als „Überbrückungsgeld“ ist es nicht mehr ganz so wichtig, ob die Prüfung einen Monat länger dauert, oder nicht.
Die AU-Klausel in der BU-Versicherung im Detail
Eine AU-Klausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung kann also durchaus sinnvoll sein. Allerdings ist dies zum einen von Deiner individuellen Situation abhängig und zusätzlich vom jeweiligen Versicherer. Hier gibt es nämlich große Unterschiede in der Ausgestaltung der Formulierung.
Wie lange wird die Rente durch die AU-Klausel bezahlt?
Das hängt von der jeweiligen Gesellschaft ab. Die Leistung kann zwischen 18 und 36 Monaten bezahlt werden.
Was gilt bei der Beantragung der Leistung zu beachten?
Je nach Versicherer reicht es nicht aus, die AU-Bescheinigung über den durchgehenden Zeitraum von sechs Monaten einzureichen. Dabei ist genau das die eigentliche Idee.
Manch ein Versicherer fordert gleichzeitig die Einreichung eines vollständigen Leistungsantrags auf die BU-Rente. Natürlich kommst Du dennoch schneller an Geld, aber Du musst Dich erst einmal um sämtliche Unterlagen kümmern.
Bei anderen Versicherern hingegen kann der umfassende Leistungsantrag auf eine BU-Rente hingegen nachgereicht werden.
Manchmal wird damit argumentiert, dass der Versicherungsnehmer nur bei einer zügigen und zeitnahen Einreichung aller Unterlagen die Berufsunfähigkeit zweifelsfrei nachweisen kann. Sicherlich ist dies einfacher, jedoch ist es auch nicht verboten, direkt einen Antrag auf BU-Rente vollständig mit einzureichen. Demzufolge ist es aus unserer Sicht die deutlich kundenfreundlichere Regelung, wenn die Einreichung des vollständigen Leistungsantrags nicht erforderlich ist.
Was passiert bei Ablehnung der BU-Rente?
Stellt sich bei der Leistungsprüfung heraus, dass Du nicht berufsunfähig bist, passiert nichts. Du musst die bis dahin gezahlte „AU-Rente“ nicht zurückzahlen.
Was kostet die AU-Regelung in der Berufsunfähigkeitsversicherung
In den meisten Fällen kostet der Einschluss der AU-Klausel in etwa 5 – 10 % mehr Beitrag.
Ersetzt die AU-Klausel eine private Krankentagegeldversicherung?
Mit einer privaten Krankentagegeldversicherung kannst Du auch als gesetzlich Krankenversicherter Deine Lücke schließen, die Dir bei mehr als sechs Wochen anhaltender Arbeitsunfähigkeit entsteht. Eine private Krankentagegeldversicherung als Ergänzung zur gesetzlichen Krankenkasse leistet in der Regel ab dem 43. Tag.
Die Leistung aus der BU-Versicherung mit Hilfe der AU-Klausel erhältst Du jedoch nur, wenn Du für mehr als sechs Monate arbeitsunfähig bist. Die Lücke in den dazwischenliegenden viereinhalb Monaten schließt somit nur eine private Krankentagegeldversicherung.
Doch Vorsicht, hier kann es zu Problemen kommen!
AU-Klausel auch für Selbständige und Freiberufler?
Bist Du selbständig oder freiberuflich tätig, erhältst Du vom Arzt keine Krankschreibung gemäß Entgeltfortzahlungsgesetz. Somit ist es wichtig darauf zu achten, dass von der jeweiligen Versicherung auch vergleichbare ärztliche Erklärungen anerkannt werden.
Probleme in Verbindung mit der AU-Klausel
Wer eine private Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hat – als Ergänzung zum Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung, oder weil er privat krankenversichert ist – sollte bei der AU-Klausel genau hinschauen!
In den Bedingungen zur privaten Krankentagegeldversicherung steht in der Regel, dass eine anderweitige Absicherung nur mit Einwilligung der Krankenversicherung abgeschlossen werden darf. Es gibt noch keine einheitlich Rechtssprechung, wie die Leistung aus der BU-Versicherung aufgrund der AU-Klausel zu werten ist.
Zudem kommt es zu folgendem Problem: Bei Bezug einer BU-Rente, die rückwirkend bezahlt wird, muss das Krankentagegeld zurückbezahlt werden. Nun ist das private Krankentagegeld oftmals deutlich höher abgesichert, als die BU-Rente.
Erhält ein PKV Kunde beispielsweise eine Krankentagegeld in Höhe von 140 EUR, hat aber nur eine BU-Rente von 2.500 EUR abgesichert, muss er bei rückwirkender Bewilligung der BU-Rente deutlich mehr an die Krankenversicherung zurückzahlen, als er von seiner BU-Versicherung erhält. Dies ist ein grundsätzliches Problem, wenn Du PKV versichert bist. Hier solltest Du immer darauf achten, dass Deine BU-Rente der Höhe Deines Krankentagegelds entspricht.
In Verbindung mit der AU-Klausel führt dies jedoch noch deutlich häufiger zu einem Problem. Deshalb sollte der Einschluss der AU-Klausel in die Berufsunfähigkeitsversicherung wohl durchdacht sein, falls Du privat krankenversichert bist, oder Dich privat krankenversichern möchtest.
Wann ist eine AU-Klausel in der BU sinnvoll?
Generell kann man sagen, dass der Einschluss der AU-Klausel in die BU für Kunden einer gesetzlichen Krankenkasse ohne private Krankentagegeldversicherung sinnvoll ist, da es den schnellen Zugang zur Leistung deutlich vereinfacht.
Privat Versicherte oder Personen mit einer privaten Krankentagegeldversicherung sollten genau hinsehen und den Einschluss der AU-Klausel abwägen, außerdem mit der Krankenversicherung klären. Im Zweifel ist hier eher abzuraten.